©LandArt: „Sumpf 1995 von Niels Udo; Foto: Abbildung aus tbd
Die Anfänge der Kunstlandschaft Pritzen liegen in den frühen 1990er Jahren, in einer Zeit,
als im Osten Deutschlands vieles, vielleicht alles neu gedacht wurde und der berühmte
Zauber des Anfangs auch und gerade in der Lausitz, im einstigen Energiebezirk Cottbus,
seine Wirkung entfaltete. In der vom Energiehunger der DDR aufgewühlten Landschaft sahen und artikulierten
einige bewegte Bürger die Idee von der Kulturlandschaft Niederlausitz, auch um der
Heimat eine andere Perspektive zu geben als die einer Kohleregion.
©Fotos: Landart Tagebau Cottbus 1991
Dafür bewarb man den Gedanken eines Symposiums für Landschaftskunst, das die
Problematik der Naturzerstörung mit dem kreativen Nachdenken verbinden könnte, wie
ein Ausweg aus dieser menschengemachten Sackgasse vorstellbar sei.
Im ersten Jahr des wiedervereinigten Landes standen die Sterne sehr gut für solche
Fragen. Nicht nur das Interesse der Gesellschaft bis hinein in die Politik und den Bergbau
selbst, der im sich vereinigenden Deutschland um neue Rechtfertigung bemüht war, stellte
sich als riesengroß heraus. Auch die Bereitschaft, ein solches Vorhaben finanziell zu
unterstützen, war in bemerkenswertem Maße vorhanden.
©Fotos: Landart Tagebau Cottbus 1991
Als dann auch noch von der Europäischen Union eine Projektförderung auf dem Tisch lag,
organisierte der Förderverein Kulturlandschaft Niederlausitz im Sommer 1991 in
Windeseile mitten im Tagebau Cottbus ein 8-wöchiges Kunstevent, dessen Ergebnisse am
finalen Wochenende atemberaubende 8000 Besucher sehen und erleben wollten.
Der Erfolg und die europaweite Ausstrahlung des Symposiums überzeugte die
Beteiligten, dass dies nur der Anfang sein konnte für ein sich international verstehendes
wiederkehrendes Festival. Die Biennale-Idee war geboren.
©Fotos: Landart Tagebau Cottbus 1991
Und zur Idee gesellte sich der ideale Ort. Denn in diesem Moment des Prozesses wurde
ein Tagebau stillgelegt, der als Ort überdeutlich das bereitstellte, was eine LandArt
Biennale brauchte. Räume, Formen und Themen. Das Dorf Pritzen inmitten des Tagebaus
Greifenhain wurde zum Synonym für LandArt. In die Stille nach dem Ende der Kohlebagger und vor dem Neustart für die
Landschaftsinsel, in die Zumutung einer ausgebeuteten und entwässerten
Landschaftswüste gingen Künstler mitten hinein und stellten lange nicht gestellte Fragen,
kreierten stumme Schreie des Entsetzens und markierten Zeichen der Heilung.
©Fotos: Landart Tagebau Greifenhain 1993
Zwei Biennalen 1993 und 1995 hinterließen 23 Objekte, deren Schicksal es sein sollte, sich
von der Zeit und der Natur überwältigen zu lassen. Die Mehrzahl ist bereits
verschwunden, da verwitternde Materialien benutzt oder eine Aufstellung im mittlerweile
zum See verwandelten Tagebau-Restloch gewählt wurde. Andere sind noch auffindbar,
jedoch nach 25 Jahren von neuem Leben überwachsen. Von vielen Landschaftseindrücken, die die Künstler damals inspirierten, sind nur noch fotografische Erinnerungen zu finden.
©Landart : „Veränderlichkeit" von Adam Wojciech Baginski ;Fotos: Landart Tagebau Greifenhain
Aus der Landschaftswüste ist ein fruchtbarer Garten an einem tiefen, kühlen See geworden.
Auf seinem Grund liegt das vom dänischen Künstler Mikael Hansen geschaffene Kreuz des Südens, das das Wasser zwar bedeckt, seine Botschaft jedoch, den Blick nach Pritzen zu
wenden, auf diesen Ort zu schauen, bis heute wichtig und zu spüren bleibt. 2016 haben
blaue Kreuze den See vor Plänen geschützt, ihn zur Deponie machen.
©Landart : „Kreuz des Südens" 1993 von Mikael Hansen
Das Vermächtnis der Kunst ist immer noch auffindbar. So an der Gelben Rampe von
Hermann Prigann, wo die Aussichtsplattform über dem See mittlerweile wacht über einen
respektvollen Umgang mit der Landschaft.
©Landart: „Gelbe Rampe" 1993/1995 von Hermann Prigann; Foto links: Thomas Kläber Foto rechts: Detlef Hecht
Oder am Sumpf von Niels Udo,
dessen Bestimmung sich in vielen Jahren verändert hat
vom Ort der Erneuerung der Natur zu einer archaisch anmutenden Landmarke an der
Spitze der Halbinsel Pritzen.
©LandArt: „Sumpf" 1995 von Niels Udo; Foto rechts: J.Hohmuth/zeitort.de
Die Arche von Pit Kroke wurde um einige Meter verschoben, wird aber als einziges aus
beständigem Material geschaffenes Werk noch lange die Hoffnung der Menschen
thematisieren, Unrettbares zu retten.
©LandArt: „Arche" 1995 von Pit Kroke; Foto rechts: Detlef Hecht
Verloren sind die Feurigen Köpfe von Klaas Kamphuis, Preisträger von 1995, wie auch die
Sechsfüssler von Albert Huber. Sie waren die genialen Begleiter der Pritzener, als die
Wiedererrichtung des Dorfes nach dem Ende der Kohle mit großem Enthusiasmus, aber
auch großer Unsicherheit in Angriff genommen wurde.
©LandArt: „Feurige Köpfe" von Klaas Kamphuis & "Sechsfüssler von Albert Huber
In den Wäldern um Pritzen kann man die Partitur von POST ARS aus Litauen finden, die
auf dem damals unbeschriebenen Landschaftsnotenblatt eine zarte Melodie komponierten.
©LandArt: „Partitur" von POST ARS; Foto rechts: Detlef Hecht
Nicht mehr auffindbar sind die Landschaft und das Kunstwerk von Hiroshi Teshima, der
ein Zeitfenster nutzte, um Zwischen Himmel und Erde einen Eingang zur Landschaftsinsel Pritzen zu markieren.
©LandArt: „Zwischen Himmel und Erde" von Hiroshi Teshima
Die gefesselten Steine von Solveig Bolduan, vom Eis aus dem Norden herangeschafft und
von Baggern an die Oberfläche gezerrt, haben ein neues Versteck im Hinterland des Sees
gefunden.
©LandArt: „Die gefesselten Steine" von Solveig Bolduan; Foto rechts: Detlef Hecht
Ganz in der Nähe befindet sich Eberhard Krügers Grüner Dom, ein streitbarer
Versuch, den Menschen, der Natur zerstört, als Menschen zu denken, der Natur erschafft.
©LandArt: „Grüner Dom" von Eberhard Krüger; Foto rechts: Detlef Hecht